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Geschichten darüber, wie The Work of Byron Katie dein Leben verändern kann


Herzlich willkommen!


Hier findest Du Geschichten, die davon erzählen, was unsere belastenden Gedanken mit uns machen und wie unser Leben ohne diese Gedanken aussehen könnte.

Geschichten, wie das Leben sie schreibt. Geschichten, die The Work of Byron Katie lebendig werden lassen.

Ich wünsche Dir viel Spaß beim stöbern und freue mich über Rückmeldungen.

von Ute Netzmann 14 Okt., 2023
„Was ich nicht möchte, was du von mir weißt ...“ so lautet die Überschrift dieser Geschichte. Es geht hier heute um Dinge, für die Du Dich schämst. Wo Du sehr darum bemüht bist, sie vor anderen zu verbergen. Dinge, von denen Du glaubst, dass sie nicht liebenswert oder nicht besonders rühmlich sind. Vielleicht ist es ein Fehler, den Du einmal begangen hast, eine Schwäche oder sonst irgendetwas, von dem Du denkst, die Menschen würden Dich bewerten oder verurteilen, wenn sie das wüssten. Ich meine nicht die Kleinigkeiten, die wir im alltäglichen Miteinander voreinander versuchen zu verbergen, sondern etwas, von dem ich am liebsten möchte, dass es niemand weiß, noch nicht einmal jemand, der mir nahesteht und den ich liebe. Da ist also dieser Mensch, den ich liebe und mit dem ich gerne verbunden sein möchte, z.B. mein Partner. Und da ist diese eine Sache, von der ich glaube: „Ich will, dass er das nicht von mir weiß. Ich will, dass er das nicht sieht. “ Wie reagiere ich, was passiert, wenn ich das glaube? Diese Frage richte ich nicht an meinen Verstand, sondern ich werde still, lass die Frage in mich hineinsinken und lausche in Ruhe, welche Antwort auftaucht. Als erstes taucht eine Erkenntnis in Form einer weiteren Frage auf, die mich voll erwischt. Wie tief geht meine Verbindung, wie weit kann ich mich auf meinen Partner einlassen und in wahren Kontakt gehen, wenn ich latent immer damit beschäftigt bin, etwas zu verstecken? Wenn ich glaube, dass er bestimmte Dinge nicht sehen soll, hat das Auswirkung auf mein gesamtes Sein. Ich kann mich gar nicht frei zeigen, mit allem, was ich bin. Wie soll da eine gute Verbindung entstehen? Das ist wie ein Glas klares Wasser, in das ich einen kleinen Erdkrümel werfe. Das Wasser ist getrübt. Die Verbindung ist getrübt. Ich lasse die Frage weiter in mir wirken: Wie reagiere ich, was passiert, wenn ich glaube: „Ich will, dass er das nicht weiß.“ ? Dann gebe ich dem, was ich versuche zu verbergen, eine Bewertung. Da ist etwas Schlimmes an mir, etwas Schlechtes. Ich mag diese eine Sache an mir selbst nicht. Und wie fühle ich mich damit? Das macht Angst, ich bin besorgt, ich kann es sogar körperlich fühlen. Gleichzeitig erwarte ich aber von meinem Partner, dass er mich liebt. Das hört sich nicht nach einem Plan an, der gut funktionieren kann. In meiner Ausbildung zum Coach für The Work durfte ich eine Erfahrung machen, die mich sehr überraschte. Da gab es diese Übung, wo wir aufgefordert wurden, eine Sache, von der wir am liebsten möchten, dass es niemand weiß, vor der gesamten Ausbildungsgruppe zu teilen. Bis zu dem Zeitpunkt gab es ein dunkles Kapitel in meiner Vergangenheit, von dem ich keinem einzigen Menschen erzählt hatte, aus Scham. Und nun sollte ich es vor der gesamten Gruppe teilen. Mir schnürte es die Kehle zu, so dass ich für eine Weile gar nicht sprechen konnte. Unter Tränen brachte ich es schließlich hervor. Nun hatte ich es ausgesprochen. Und da geschah etwas für mich wirklich Erstaunliches. Eine unendliche Last fiel von mir ab. Eine Last, die ich mehr als 25 Jahre mit mir herumgetragen hatte. Es war wie ein Befreiungsschlag. Dieses dunkle Geheimnis zu bewahren, hatte mich so viel Kraft gekostet. Ich saß da, hatte es gesagt und niemand wandte sich von mir ab. Aber das Beste war: In dem Moment, wo ich es ausgesprochen hatte, hatte ich mich mir selbst zugewandt. Ich war nun für mich da. Ich konnte meinen Schmerz sehen. Denn den hatte ich zusammen mit der Sache tief vergraben. Ich konnte meine Verletztheit und Unschuld sehen und beginnen, mich anzunehmen mit dem, wie es vor 25 Jahren war. Solange ich die Sache versteckte, hielt ich sie für mich selbst im Dunkeln und verwendete meine ganze Energie auf das Verstecken. Nun war sie auf dem Tisch, ich konnte sie von allen Seiten anschauen und etwas damit machen. Ich hörte auch die Geschichten all der anderen Menschen aus der Gruppe und niemand wurde verurteilt. Wir hatten alle Mitgefühl füreinander. Wie behandele ich meinen Partner, wenn ich glaube: „Ich will, dass er das nicht weiß.“ ? Ich vertraue ihm nicht. Ich traue ihm nicht zu, dass er mitfühlend sein wird. Ich blende das aus, bin nicht in der Lage, mir das vorzustellen. Wie wäre es, wenn mein Partner mich trotz meiner Schwäche, meines vermeintlichen Fehlers liebenswert fände? Genau wie die Menschen in meiner Ausbildungsgruppe. Wie wäre es, wenn ich herausfinden würde, dass ich der einzige Mensch bin, der sich für das, was ich getan habe oder für das was ich bin, verurteilt? Wer wäre ich, wenn ich den Gedanken, dass ich will, dass er das nicht weiß, nicht mehr glauben würde? Auch diese Frage richte ich nicht an meinem Verstand, sondern an eine tiefere Ebene. In Stille und Ruhe. Wer wäre ich ohne den Gedanken? Ich wäre frei. Ich wäre frei, ihm, mir selbst und dem Leben wirklich zu begegnen. Das ist alles. Und das ist so groß und fühlt sich so weit an. Das ist es, was ich wirklich will. Ich will, dass er mich sieht, mit allem, was ich bin! Damit ändert sich die Überschrift dieser Geschichte. Aus „Was ich nicht möchte, was du von mir weißt“ wird „Was ich möchte, was du von mir weißt…“ Als erstes aber möchte ich mich nicht mehr für mich selbst schämen. Ich will, dass ich die Dinge, die mich ausmachen oder die ich getan habe, nicht als krankhaft oder schlecht ansehe. Ich will, dass ich es nicht als unverzeihlich ansehe und mir selbst vergeben. Mir hat allein schon die Übung im Rahmen der The-Work-Ausbildung den Weg geebnet, mit mir selbst in Frieden zu kommen. Oft ist es aber so, dass wir mehrere Glaubenssätze tief in uns verankert haben, die uns daran hindern, uns selbst vergeben zu können. Wenn sich eine Mutter zum Beispiel in einer Lebensphase nicht um ihre Kinder gekümmert hat, dann wird sie vielleicht denken: Ich habe als Mutter versagt. Ich habe meinen Kindern dadurch Schaden zugefügt. Ich bin ein schlechter Mensch. Sie denkt dann vermutlich nicht nur, dass sie ein schlechter Mensch sei, sondern dass auch andere denken würden, sie sei ein schlechter Mensch, wenn sie das von ihr wüssten. Wenn sie diese Gedanken als unumstößliche Wahrheit ansieht, wird sich das grausam für sie anfühlen. Solche Gedanken können Stress und Panik auslösen. Wenn man die Gedanken jedoch Stück für Stück mit den Fragen von The Work anschaut, kann man die Dinge in einem anderen Licht sehen und der Albtraum hat ein Ende. Ich will, dass ich an mir selbst nichts sehe, was zu verurteilen wäre und genauso möchte ich auch auf meinen Partner schauen. Denn wenn ich mir von ihm wünsche, dass er sein Augenmerk auf das Positive an mir richtet, kann ich nicht gleichzeitig an ihm herumkritisieren. Ich will, dass ich ihn mit seinen Schwächen liebe, so wie ich es mir auch von ihm wünsche. Ich will mein Herz für ihn öffnen. Dazu gehört auch, dass ich ihm vertraue und davon ausgehe, dass er mitfühlend ist. Was jedoch nicht unbedingt heißt, dass ich ihm alles von mir erzählen muss. Wenn es sich z.B. um eine Sache handelt, die ich vor vielen Jahren getan habe und nun schon lange nicht mehr tue, dann ist es für unsere Partnerschaft möglicherweise ohne Belang, denn er ist ja hier und jetzt mit dem Menschen, der ich jetzt bin, zusammen. Wenn ich mit dem, was war, im Frieden bin und ganz klar habe, dass es in meinem jetzigen Leben keine Rolle mehr spielt, dann muss ich vielleicht nie wieder mit irgendjemandem darüber sprechen und kann mit mehr Freude in der Gegenwart sein. Foto von Drew Dizzy Graham auf Unsplash
von Ute Netzmann 05 März, 2023
Heute möchte ich die Geschichte einer Frau erzählen, die mit Hilfe von The Work eine Entscheidung traf, die schlagartig ihren Stress in Freude verwandelte. Die Geschichte erzählt davon, wie unsere Gedanken uns manchmal die Sicht auf eine gute und klare Entscheidung vernebeln und wie The Work den Nebel auflösen kann. Die Frau ist Anfang 40 und hat vor einigen Jahren ein Studium abgebrochen. Das ist erst einmal nur eine Tatsache: Ich habe ein Studium begonnen und ein Studium abgebrochen. Okay und wo ist das Problem? Als ich ihr die Frage stellte, was das Schlimme daran sei, sagte sie: „Ich habe versagt.“ Das ist ein Gedanke, der schlaflose Nächte mit sich bringen kann. Starten wir nun also mit der Geschichte, in der ich die Frau selbst sprechen lasse. Meine Entscheidung Stell Dir vor! Ich hab‘ eine Entscheidung getroffen! Ich habe mich für ein Astrologie-Studium angemeldet. Ich bin so begeistert und ich freue mich darauf. Und ich kann Dir sagen, bis vor kurzem sah das noch ganz anders aus. Die ganzen letzten Jahre sah das anders aus. Ich konnte mich einfach nicht entscheiden, ob ich noch einmal einen Studien-Versuch wagen sollte, denn seit ich vor vier Jahren mein Studium abbrach – und das schon zum zweiten Mal - quälten mich Selbstvorwürfe und Schuldgefühle. Seit dieser Zeit kreiste es immer wieder in meinem Kopf: Ich bin über 40 und habe noch keinen Berufsabschluss. Immer wenn mich jemand fragte, was ich beruflich mache, stand ich da und wusste nicht, was ich sagen soll. Ich bin ja nichts, habe keinen Abschluss. Ich dachte, ich hätte versagt. Dass ich genauso gute Arbeit leistete, wie meine Kollegen mit Abschluss, das konnte ich nicht sehen. Ich brauche einen Abschluss, um etwas vorzeigen zu können, so dachte ich. Ich schimpfte mit mir selbst und hielt mich für schwach und undiszipliniert. Angesichts meines Alters überkam mich langsam Torschlusspanik und gleichzeitig kämpfte ich mit der Angst, wieder zu versagen. Je mehr ich auf mich selbst Druck ausübte, desto mehr drehte ich mich im Kreis und war unfähig mich zu entscheiden, ob ich noch einen dritten Versuch riskieren sollte. Jetzt bin ich erfüllt von Ruhe und Vertrauen. Und wie kam es dazu? Der Gedanke, ich habe versagt, löste sich durch die Fragen von The Work auf. Und in dem Moment war plötzlich Raum dafür zu sehen und zu wissen, wer ich bin und was ich wirklich will! Auf einmal sah ich: Astrologie fasziniert mich doch schon so lange. Und mit dem Gedanken an ein Astrologie-Studium spürte ich sofort Glück und Zufriedenheit. Vorher war ich nicht in der Lage, zu schauen, was mir Freude macht und mich begeistert. Die ganze Zeit dachte ich, ich muss etwas bestimmtes vorweisen. Etwas, das gesellschaftlich anerkannt wird. Ja, wenn ich sagen könnte, ich bin Sozialpädagogin, das wäre was, dachte ich! Mann! Ich war nicht in der Lage, meiner inneren Stimme zu folgen. Ja, sie überhaupt zu hören! Und ich war nicht in der Lage, selbstbewusst zu sagen: Ich habe keinen Berufsabschluss. UND ich mache die Arbeit auch ohne Abschluss genauso gut wie meine Kollegen. Ohne mich rechtfertigen zu müssen. Stattdessen machte ich mich klein und war weit davon entfernt an mich zu glauben und zu mir zu stehen. Und jetzt? Ich bin so froh über meine Entscheidung! Ich folge einfach neugierig meinen Interessen und meine Begeisterung für Astrologie wächst mit jedem Studientag! Das Lernen fällt mir leicht und ich bin fast schon ungeduldig, noch mehr Wissen aufzunehmen. Durch die Fragen von The Work erkannte ich: Ich habe nicht versagt. Als ich das Studium abbrach, habe ich gut für mich gesorgt. Ich stand kurz vorm Burnout. Ich war Mutter zweier Kinder, die mich noch brauchten. Ich habe so viel geleistet in der Zeit. Und da saß ich angestrengt zwischen den gerade mal Zwanzigjährigen in der Uni. Das hat einfach nicht gepasst. Und nun weiß ich, dass die Uni nicht der richtige Ort für mich ist. Das Astrologie-Studium kann ich in meinem Tempo von zu Hause aus machen und gleichzeitig für meine Kinder da sein. UND ich habe nicht versagt, denn durch den Uni-Stress bin ich zu The Work gekommen. Und hey – weißt Du was – ich bin inzwischen sogar Coach für The Work. Da habe ich auch nicht versagt! Ich habe den Abschluss! Und ist der vielleicht nichts wert? Ich sag Dir was – der ist Gold wert! Mit dem, was ich durch The Work lerne, kann ich wirklich was anfangen. Ganz egal ob das ein Außenstehender beurteilen oder ermessen kann. ICH kann es deutlich in meinem Leben spüren. Auf mich kommt es an. Wenn mich jetzt jemand nach meinem Abschluss fragt, sage ich: Ich bin Mutter in ständiger Ausbildung, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Coach für The Work, Zweitkraft im Gruppendienst im Behindertenwohnheim und in Ausbildung zur Astrologin - und das fühlt sich cool an. Ich habe nicht versagt. Das Einzige, was hier manchmal versagte, war mein Denken. Mein Denken versagte, und zwar jedes Mal, wenn ich dachte, ich hätte versagt. Als ich mir selbst noch Druck machte und mit mir und meiner Entscheidung, das Studium abzubrechen unzufrieden war, dachte ich: „Ich will, dass ich eine Entscheidung treffe und das durchziehe.“ Ja, das will ich immer noch. Aber eine Entscheidung aus Freude , für etwas wofür ich brenne und dann stresst es nicht mehr.
von Ute Netzmann 17 Aug., 2022
„Verteidigung ist der erste Schritt zum Krieg. Wenn mir jemand sagt, ich sei gemein, ablehnend, hart, unfreundlich und unfair, sage ich: Danke, mein Schatz, ich kann das alles in meinem Leben finden, ich bin all das und noch mehr. Sag mir alles, was du siehst […] Durch dich lerne ich mich selbst kennen. Wie könnte ich ohne dich die Stellen in meinem Inneren finden, die unfreundlich und unsichtbar sind?“ (Zitat Byron Katie) Für die meisten unter uns klingt diese Art und Weise mit Kritik umzugehen doch eher fremd und entspricht nicht dem Muster, mit dem wir gewohnter Weise aufwarten, wenn jemand meint, wir hätten etwas falsch gemacht. Ich wette auch Du kannst Dich gut an Situationen erinnern, wo Du Kritik als schmerzhaft empfandest, in die Rechtfertigung und Verteidigung gingst und Dir wünschtest, der andere wäre zufrieden mit Dir. Warum ist es so, dass wir uns unwohl fühlen, wenn uns jemand kritisiert? Warum haben wir Angst vor Kritik und was gibt es dabei zu verlieren? Der andere könnte doch Recht haben und wir könnten etwas daraus lernen und schauen, was wir ändern möchten. Oder aber wir könnten, unserer selbst sicher, sagen: „Von deiner Warte aus kann ich das verstehen. Und ich mache es so, weil das mein Weg ist.“ Wie schön wäre es, wenn wir ruhig und klar reagieren könnten, ohne den Gegenangriff zu starten oder den Rückzug antreten zu müssen. Byron Katie, die Begründerin von The Work, sagt, dass all Dein Stress, all Dein Unbehagen, nie durch das ausgelöst wird, was scheinbar tatsächlich geschieht, sondern einzig und allein durch Deine Gedanken, also durch die Art und Weise, wie Du die Dinge beurteilst. Zum Beispiel durch solch einen Gedanken, wie „Er meint, ich habe etwas falsch gemacht.“. Das mag zunächst merkwürdig oder wie eine Zumutung klingen. Der andere kann sagen was er will, darf sich verhalten, wie er will? Und dass ich mich dabei unwohl fühle oder dass es mich verletzt, soll nur an meinen Gedanken liegen? Und außerdem – was soll denn an dem Gedanken verkehrt sein? Er meint, ich habe was falsch gemacht - der Gedanke ist doch lediglich eine Tatsache! Byron Katie lässt diese These jedoch nicht einfach so im Raume stehen, sondern bietet mit The Work ein Werkzeug an, mit dessen Hilfe Du leicht überprüfen kannst, welch unglaubliche Macht Deine Gedanken haben und was für einen gravierenden Unterschied es machen kann, ob wir einen Gedanken für wahrhalten oder nicht. The Work ist eine Reise, in der Du auf meditative Art und Weise Antworten auf kraftvolle Fragen findest und die Dinge anschließend in einem völlig neuen Licht siehst. Ich möchte Dich heute mit auf diese Reise nehmen und eben diesen Gedanken, dass jemand meint Du hättest etwas falsch gemacht, mit The Work beleuchten. Dabei kannst Du Deine eigenen Antworten auf die Fragen von The Work finden und im kursiv Gedruckten werde ich meine Antworten und gewonnenen Erkenntnisse teilen. Möchtest du mitreisen? Dann lade ich Dich ein, in Deiner Erinnerung zu einem Ort und einer Situation zu gehen, wo Du dachtest, jemand meint, Du hast etwas falsch gemacht. Eine Situation mit der Du bis jetzt noch nicht völlig im Frieden bist. Vielleicht erinnerst Du Dich an mehrere solche Erlebnisse. Dann entscheide Dich für einen konkreten Moment. Der Moment, an den Du Dich am besten erinnerst oder der Dich am meisten getroffen hat. Begib Dich in diese Situation zurück, als wärst Du jetzt wieder dort und beantworte die folgenden Fragen aus der Situation heraus. Eine der Fragen von The Work lautet: Wie reagierst Du, was passiert, wenn Du den Gedanken glaubst? Wie reagierst Du in Deiner konkreten Situation, wenn Du glaubst, der andere meint, Du hast etwas falsch gemacht? Wenn Du magst, schließe jetzt, bevor Du meine Antworten liest, die Augen und beobachte welche eigenen Antworten aus Deinem Inneren aufsteigen. Der Gedanke hat eine Wucht. Er bringt mich mit einem Schlag aus meiner Ruhe und aus dem Gleichgewicht. Ich fühle mich getroffen und bin angespannt. Ich reagiere entrüstet, wütend, traurig und hilflos. Auf jeden Fall fühle ich mich unwohl und würde am liebsten so schnell wie möglich aus der Nummer herauskommen. Gib mir einen Lappen und ich wische es schnell weg. Kein Lappen da, okay, also versuche ich mich zu rechtfertigen und zu verteidigen. Das ist jedoch nicht so einfach, denn entweder bin ich sprachlos und mir fällt nicht das Naheliegendste ein, was ich erwidern könnte oder aber ich blaffe zurück, greife den anderen an. Da sind wir auch schon bei einer weiteren Frage von The Work. Wie behandelst Du den anderen, in dem Moment wo Du glaubst, er meint, Du hast etwas falsch gemacht? (Wenn Du magst, schließe wieder erst die Augen…) Ich sehe ihn als Feind und werte es als Angriff. Damit gebe ich ihm viel Raum und Macht. Entweder hole ich zum Gegenschlag aus oder ich ziehe mich zurück und mache die Schotten dicht. Ich gehe automatisch in den Kampfmodus, greife den anderen direkt oder zumindest innerlich an. Ich denke, dass es falsch ist, was er da tut. So nach dem Motto: Wer mich blöd findet, den finde ich auch blöd. Ja, er macht was falsch, allein deswegen, weil er Kritik an mir äußert oder zumindest ist seine Art und Weise die Kritik zu äußern falsch! Ich nehme ihn nicht ernst, weise einfach alles von mir und fange an, bei ihm den Fehler zu suchen. Das mache ich, um mich zu schützen und um mich besser zu fühlen. Aber der Plan geht nicht auf, denn gut fühlt sich das nicht an. Ich bügele seine Kritik einfach weg und bin nicht in der Lage zu schauen, ob an dem was er sagt, was dran sein kann und ob ich etwas daraus lernen kann. Kritik als Geschenk annehmen? Oh, davon bin ich in dem Moment weit entfernt. Ich kann da kein Geschenk sehen. Und noch etwas Entscheidendes kann ich nicht sehen. Nämlich was in dem anderen tatsächlich vor sich geht. Was hat ihn veranlasst, diese Kritik zu äußern? Das will ich in dem Moment gar nicht wissen. Seinen Hintergrund, seine Bedürfnisse und seine Verletztheit sehe ich nicht und kann kein Verständnis dafür aufbringen. Wie gehst Du mit Dir selbst um, in dem Moment wo Du glaubst, er meint, Du hast etwas falsch gemacht? Es gibt da einen Teil in mir, der verunsichert ist und sich selbst in Frage stellt. Ich bin in diesem Moment nicht in der Lage, mir einfach nur mit einem breiten Lächeln zu begegnen, mag mich selbst nicht wirklich. Mir fehlt die völlige Klarheit darüber, dass ich so wie ich bin, okay bin. Oder anders ausgedrückt – ich ziehe mir den Schuh an. Und genau aus diesem Grunde trifft mich die Kritik. Was siehst Du nicht, in der Situation, wo Du glaubst, der andere meint, Du hast etwas falsch gemacht? Ich sehe nicht, dass er vordergründig überhaupt nicht sagen will, dass ich etwas falsch gemacht habe, sondern dass er vor allem von sich selbst und aus seiner Perspektive spricht. Er quält sich nicht mit dem Gedanken, ich hätte einen Fehler gemacht, sondern erzählt mir mit seiner Kritik von seinen eigenen unerfüllten Bedürfnissen, Sorgen, Nöten und Ängsten. Mit dem Gedanken etwas falsch gemacht zu haben, quäle ich mich ganz allein. Ich stehe da und erwarte von dem anderen, dass er seine Kritik fallen lässt und sieht, wie gut ich bin. Ja, ich erwarte, dass er mich freispricht. Dabei kann ich nicht sehen, dass er das in dem Moment von seiner Warte aus nicht kann. Jetzt ist es an mir herauszufinden, ob er mit seiner Kritik Recht hat. Weglaufen oder bockig sein und abwarten, dass der andere von seiner Position herunterkommt, löst die Sache nicht! Welchen Preis zahlst Du in Deiner Situation für den Gedanken, dass der andere meint, Du hast etwas falsch gemacht? Ganz einfach, dass ich nicht aus dieser Nummer herauskomme und auch nichts daraus lernen kann. Ich stecke in der Angst fest, mache mich verrückt und bin nicht in der Lage mit der Situation in den Frieden zu kommen, ohne dass der andere mir bestätigt, doch alles richtig gemacht zu haben. Ohne dass er mir seine Absolution erteilt. Wozu bist Du nicht in der Lage, in dieser Situation, wenn Du glaubst, der andere meint, Du hast etwas falsch gemacht? Ich kann nicht sehen, dass es nun zwei einfache Möglichkeiten gibt. Entweder ich stelle fest, dass mir der Schuh gar nicht passt und ziehe ihn wieder aus, bzw. ich ziehe ihn gar nicht erst an, sondern lasse ihn bei dem anderen. Oder ich erkenne, dass es tatsächlich mein Schuh ist und dass die Kritik etwas Wahres beinhaltet. Das wäre der Moment, in dem ich sagen könnte: „Ja, das ist tatsächlich mein Schuh, aber solch einen Schuh möchte ich gar nicht mehr tragen. Ich habe mich aus bestimmten Gründen bisher so verhalten und möchte das jetzt ändern.“ In dem Moment, wo der andere die Kritik äußert, bin Ich nicht in der Lage, diese zwei Möglichkeiten klar zu sehen und mich entweder selbst von der Kritik freizusprechen, klar zu mir zu stehen oder dem anderen zu sagen, dass er Recht hat. Ich bin noch nicht mal in der Lage ihm tatsächlich zuzuhören und mir wird nicht klar – wenn er wirklich Recht hätte, wäre es eine Chance, die er mir bietet, um mich weiterzuentwickeln. Stell Dir vor in der gleichen Situation wäre der Gedanke, dass der andere meint, Du hast etwas falsch gemacht, für einen Moment wie weggeblasen und nicht existent. Wer wärst Du ohne den Gedanken? Nimm Dir für diese Frage Zeit. Schließe die Augen und schau‘ wie sich die gleiche Situation anfühlt, wenn der Gedanke für einen Moment verschwunden wäre. Für den Fall, dass ich nichts Wahres in der Kritik entdecken kann, könnte ich klar und ruhig über mich selbst sprechen, ohne ins Wanken zu geraten und dem anderen erzählen, warum ich die Dinge genauso mache, wie ich sie mache. Ich könnte für mich prüfen – ist es für mich optimal, wie ich mich verhalten habe? Ist es für mich von Nutzen, fühlt sich das für mich richtig und gut an? Wenn ich diese Fragen aus tiefstem Herzen alle mit ja beantworten kann, könnte ich, ohne viel Worte zu machen, sagen: „Okay ich mache und sehe es anders als du.“ Mein Herz würde nicht mehr bis zum Hals klopfen. Ich könnte souverän für mich sprechen und zu mir stehen. Für den Fall, dass der andere mit seiner Kritik Recht hat, würde es mir ohne den Gedanken, dass er meint ich habe etwas falsch gemacht, leichter fallen, das zu sehen. Ich könnte die Situation plötzlich klarsehen und in die Selbstreflexion gehen. Ich könnte dennoch zu mir stehen, indem ich mir zunächst bewusst mache, warum ich bisher so gehandelt habe und mir selbst vergeben. Im nächsten Schritt könnte ich mein Bedürfnis mich weiterzuentwickeln und zu wachsen, anerkennen. Eigenverantwortung übernehmen und schauen, was ich ändern möchte. Ich könnte sehen, dass vor allem die Interaktion mit anderen Menschen mir Weiterentwicklung ermöglicht und dankbar sein für das, was der andere mir spiegelt und zeigt. In jedem Fall bräuchte ich keinen Schutzwall mehr. Verteidigung und Kampf könnten aufhören und die Verständigung beginnen. Ohne diesen Schutzwall wäre es mir möglich, sein Problem zu sehen – das was ihn vordergründig bewegt. Alles bekäme eine andere Wertigkeit und wäre nicht mehr so dramatisch. Ich könnte ihm offen zuhören und wäre kommunikativer. Vielleicht wäre ich einfach erstaunt über seine Kritik und würde ihn dazu befragen. Ohne Aufregung, ohne Angriff. Ich würde es wirklich wissen wollen und könnte seine Not, seine Gefühle und Bedürfnisse angstfrei sehen. Meine Angst und mein Feindbild würden sich in Mitgefühl verwandeln. Wie anders könntest Du Dein Leben leben, wenn Du nie wieder glauben würdest, dass irgendjemand meint, Du hättest etwas falsch gemacht? Wenn ich nie mehr glauben würde, dass irgendjemand meint, ich habe etwas falsch gemacht, könnte ich mein Leben völlig frei so leben, wie es zu mir passt. Ganz entspannt. Ich bräuchte mich nie mehr klein machen oder verstecken und aufpassen, dass der andere meine „Schandflecken“ nicht sieht. Ich müsste keine Norm mehr erfüllen und bräuchte nie mehr eine Maske aufsetzen. Mein von vornherein aufgebauter Schutzwall wäre überflüssig. Ich könnte mich so zeigen, wie ich bin und in völliger Ruhe die Verantwortung für meine Entscheidungen übernehmen. Was hast Du für Dich aus dieser Reise mitgenommen? Was ist Deine wichtigste Erkenntnis? Wenn mich jemand kritisiert, kann ich mir zwei wichtige Fragen stellen. 1. Kann an der Kritik etwas dran sein? (Wenn ja – was möchte ich jetzt tun? Wenn nein – dann kann ich aufrecht stehen und es bei dem anderen lassen.) 2. Welche Gefühle und unerfüllten Bedürfnisse stecken bei der anderen Person dahinter? In einem Interview mit Uwe Burk sagte Coco Tache: „Wenn man sich nur die Frage stellt: Was brauchst du? und sich gegenseitig zuhört, dann wird es gar keinen Streit mehr geben.“ Gedanken, wie „Er meint, ich habe etwas falsch gemacht. Er weiß alles besser. Er liebt mich nicht. Er behandelt mich respektlos. Ich will, dass er mich wertschätzt.“ machen wirkliches Zuhören jedoch unmöglich. Es lohnt sich all diese Gedanken mit The Work zu untersuchen. Coco Tache`s Aussage ist für mich eine wunderbare Zukunftsvision. Eine Welt, in der wir die Herzen füreinander öffnen und uns gegenseitig fragen, was wir brauchen. Einander zuhören und mitfühlen. Dann gibt es kein falsch und kein richtig mehr. Dann wird sichtbar, dass es von jeder Warte aus anders aussehen kann.
von Ute Netzmann 13 Feb., 2022
Meine Reise nach Berlin – war eigentlich keine Reise, sondern eine Flucht. Die Flucht vor dem Beziehungsdrama, in dem ich steckte. Ich brauchte Abstand und ein paar Tage ohne Streitigkeiten. Suchte Unterschlupf bei Freunden. Einen Tag vor Abreise höre ich eine meiner Berliner Freundinnen am Telefon sagen, dass sie zu erschöpft sei, um Besuch zu empfangen. Ich könne nicht zu ihr kommen. Schockstarre. Ich glaube nicht richtig zu hören. Was? Sie lädt mich aus? Die Fahrkarten sind schon gebucht! Und ich brauche diese Auszeit unbedingt, um meine Wunden zu lecken! Ich bin fassungslos und verärgert. In mir macht sich ein hässlicher kleiner Gedanke breit. „Sie lässt mich im Stich!“ Ein kleiner Gedanke, der den ganzen Raum einnimmt und große Wirkung zeigt. In meinem Kopf ist nur: „Das kann ja wohl nicht wahr sein!“ Ich fange sofort an zu werten und zu verurteilen. Im Sommer war sie eine Woche lang bei uns und nun, wenn ich sie brauche, ist sie nicht für mich da. Das ist undankbar! Ihre Geschichte will ich gar nicht hören, bin nur mit meinem eigenen Leid beschäftigt. Ich fühle mich hilflos und vor den Kopf geklatscht. So sieht es dann wohl auch in meinem Kopf aus. Da ist nur noch Matsche. Kein vernünftiger Gedanke kommt zustande. Ich sehe mich mutterseelenallein in Berlin rumlaufen. Ich lasse mein ganzes Kartenhaus einstürzen, lasse mich selbst im Stich . Zu allem Überdruss erzähle ich mir die traurige Geschichte, dass sie sich nicht wie eine Freundin verhält und dass sie mich nicht liebt. Es ist, als wenn ich mir selbst das Schwert in die Brust ramme. Weil das aber zu schmerzhaft ist, drängt sich vor meine Trauer schnell der Ärger und ruft laut moralisierend: „Einen Tag vorher absagen - so etwas tut man nicht. Das ist unverzeihlich!“ In meinem Ärger kann ich Null Verständnis oder Mitgefühl für sie aufbringen, kann nicht sehen, dass es ihr wirklich schlecht gehen muss und erwarte, dass sie trotzdem für mich da ist. Und als sie das nicht tut, lege ich die Freundschaft auf Eis – für lange Zeit. Ich ziehe mich beleidigt zurück, lasse sie im Stich und verhalte mich selbst nicht wie eine Freundin . Jahre später, nachdem ich "The Work" kennenlernte, frage ich mich: Wie anders hätte das Telefonat laufen können, wenn ich die Gedanken, dass sich mich im Stich lässt und sich nicht wie eine Freundin verhält, gar nicht gekannt hätte? Wenn es dafür in meinem Kopf keinen Platz gegeben hätte? Meine erste Reaktion wäre gewesen: „Ach du Schande, wie schlecht geht es dir denn? Was hast du denn?“ Meine zweite Reaktion: „Ach, herrje, was soll ich denn jetzt machen?“ Und die dritte Reaktion: „Meinst du nicht, wir kriegen das doch irgendwie hin?“ Ich hätte meine Gefühle voll zum Ausdruck gebracht, mich mit allem was da ist gezeigt, jedoch ohne Vorwürfe. Ich hätte es nicht persönlich genommen und ihr wirklich zugehört. Wir hätten ein gutes Gespräch gehabt, denn ich hätte mehr sagen können als nur „Das kann doch wohl nicht wahr sein!“ Ich hätte mich weiterhin mit ihr verbunden gefühlt und die Freundschaft nicht einfach weggeworfen. Sie verhielt sich wie eine Freundin! Weil sie offen mit mir redete und mir von ihrer Not erzählte. Freundinnen dürfen einander sagen, wenn es ihnen schlecht geht und das bedeutet auch nicht, dass sie einander im Stich lassen. Ich danke dem hellen Moment, indem ich erkannte, dass sie dieser wunderbare Mensch ist, den ich aufgrund ihrer einzigartigen Weise liebe. Ich bin dankbar für die wiedergefundene, wertvolle Freundschaft und dafür, dass sie mich nach all den Jahren mit offenen Armen empfing.
von Ute Netzmann 05 Nov., 2021
An meinem Küchenregal hängt seit Jahren eine Postkarte. Auf ihr ist ein unschuldiger kleiner Hase abgebildet. Dieser verkündet laut: „Heute mache ich NICHTS. Gar NICHTS!“ Und etwas leiser murmelt er vor sich hin: „Ich mache sonst auch nichts. Aber heute nehme ich mir noch nicht mal etwas vor.“ Diese Karte scheint nicht zu mir zu gehören. Sie scheint am falschen Küchenregal zu hängen. Dort vergilbt sie einfach vor sich hin. NICHTS machen gibt es bei mir nicht. Ich bin nie fertig, habe endlos zu tun und bin Meisterin im Schreiben immer neuer To-do-Listen. Manchmal schreibe ich mehrere Listen sortiert nach Dringlichkeit der Aufgaben. Da ist noch ein Blogartikel zu schreiben. Einige Mails warten auf Antwort. Ich muss mich um mein Kräuterbeet kümmern, einen Termin beim Zahnarzt machen, die überflüssige Versicherung kündigen, endlich mal das Kellerregal aufräumen usw. Und dann gibt es noch die Dinge, die auf keiner Liste stehen. Sie geraten aber dennoch nicht in Vergessenheit, denn da gibt es eine Stimme in mir, die mich freundlicher Weise immer wieder daran erinnert. Diese Stimme sagt: „Du bist noch nicht weit genug. Du bist noch nicht da, wo du sein willst.“ Sie erzählt mir, dass ich noch viel zu lernen habe, dass ich noch nicht erleuchtet und weise genug bin. Eines Tages laufe ich durch den Wald, verfolgt von der Stimme. Der quälende Gedanke, noch nicht da zu sein, wo ich sein will, scheint mir immer im Nacken zu sitzen. Ich lausche in mich hinein. Wenn ich diesen Gedanken für wahr halte, fühle ich mich angespannt und unter Druck. Aber wer macht mir denn den Druck? Den mache ich mir ganz allein! Ich bin unzufrieden mit mir, treibe mich mit der Peitsche an und gönne mir keine Pause. Selbst an Tagen, wo mein Körper mir deutlich verkündet, dass er mal eine Pause bräuchte, gönne ich mir nicht ausreichend Ruhe. Jeder Freundin, jedem anderen Menschen gönne ich von Herzen Ruhe und Erholung. Mit mir selbst bin ich jedoch nicht so liebevoll. Du kannst doch nicht einen ganzen Tag Pause machen, geschweige denn mehrere Tage!, ruft die Stimme. Wirklich? Was würde denn passieren, wenn ich tatsächlich mal einen Tag lang gar nichts täte? Bräche dann alles zusammen? Einen Tag entspannen kann doch wohl kaum das Problem sein! Es würde meinen Lebensweg nicht gefährden. Im Gegenteil – Auftanken ist so wichtig! Selbst wenn ich eine Woche lang gar nichts täte. Wer würde sich daran stören, außer mir? Das ist ja interessant! Plötzlich werden meine Schritte langsamer und ich merke – Oh ja, ich kann den Weg durch den Wald auch einfach mal schlendern. Mein Körper wird von einer Leichtigkeit ergriffen. Das fühlt sich sehr gut an. Gibt es einen Menschen auf der Welt, der das nicht mag – Entspannung, Erholung, Urlaub? Warum verwehre ich mir das selbst? Da trifft mich eine Erkenntnis wie der Blitz. Es kann und wird nie ein Ende haben, wenn ich immer wieder denke, ich wäre noch nicht da, wo ich sein will. Mit diesem Gedanken werde ich das Ziel - wenn es denn eins gibt - nie erreichen können. Der Weg ist das Ziel. Diesen Spruch kenne ich schon lange. Aber solange ich ihn nicht in mein Leben bringe, bleibt es nur ein Spruch. Dann jage ich Tag für Tag einem Ziel hinterher und verpasse mein Leben. Es könnte sein, dass ich an dem Ziel vorbeirenne und es nicht sehe. Es kann sein, dass das Ziel schon längst da ist, und ich sehe es nicht. Ich setze mich auf einen Baumstumpf und schließe die Augen. Warme Sonnenstrahlen scheinen mir ins Gesicht. Ja, in mir drin bin ich längst da, wo ich sein will. Nur meine Gedanken hinken hinterher. Sie plappern mir ständig ins Ohr, was ich noch erreichen müsste. Aber in mir drin ist längst alles da. Ich brauche nur still zu werden. Wenn ich still werde, bin ich da, wo ich sein will. Meditation und Stille sind so wichtig und tun mir gut. Aber die Idee, dass es noch so viel zu erledigen gibt, hält mich davon ab, mir mehr Zeit dafür zu nehmen. Und noch etwas anderes kommt zu kurz. Wenn ich immer im Tun bin, kann ich das kleine Kind in mir nicht hören, das ruft: „Lass uns mal singen, lachen, spielen!“ Dann vergesse ich mich selbst und gönne mir nicht das, wonach mir wirklich zumute ist. Boah, das hört sich nun aber echt so an, als ob es an der Zeit wäre, mich von dem Gedanken, noch nicht da zu sein, wo ich sein will, zu verabschieden. Wer wäre ich ohne diesen Gedanken? Wer wäre ich, wenn ich solch einen Gedanken überhaupt nicht kennen würde? Ein Kichern, ein Lachen macht sich in mir breit. Dann wäre ich neugierig aufs Leben, könnte Dinge ausprobieren nur zum Spaß. Ich könnte wahrnehmen was ist, statt nur auf der Durchreise und im Vorbeihetzen zu sein. Könnte mich an allem, was schon da ist, erfreuen. Meine Freunde, meine Familie, meine Arbeit, die mich begeistert, das schöne Wetter und die wunderbare Natur, direkt vor meiner Haustür, Bücher, die mich inspirieren und berühren, gleichgesinnte Menschen und wunderbare Projekte. Vor allem könnte ich dem, was mein Herz erfreut, einfach mehr Raum geben, ohne dabei ein Ziel erreichen zu müssen. Mit anderen Menschen singen, lachen, tanzen und musizieren, in der Natur sein, kreativ sein, basteln und malen. Einfach nur den Augenblick genießen. Ich wäre frei, würde jeden Abend erfüllt und glücklich ins Bett fallen und mich auf den nächsten Tag freuen. Mein Körper würde es mir danken, denn er wäre dauerentspannt. Und würde ich dann nur noch vor mich hin trullern, mich nicht weiterentwickeln und nichts mehr erreichen? Nein, denn ohne den Gedanken bin ich eine starke Frau. Eine Frau, die ihr Ding macht und die das wirklich gut macht! Die ihre Wünsche und Ziele verfolgt, die dranbleibt, etwas bewirkt und dabei Freude hat. An meinem Küchenregal hängt eine Postkarte mit einem kleinen Hasen, die lange nicht zu mir zu gehören schien. Ich nehme den kleinen Hasen an den Händen und wir tanzen und wirbeln über die Wiese. Seine Ohren flattern im Wind. Ich bin froh, dass er so lange auf mich gewartet hat.
von Ute Netzmann 03 Sept., 2021
… ist einer meiner Lieblingsfilme. In der amerikanischen Kleinstadt Punxsutalwney wird traditionell seit vielen Jahren am 02. Februar feierlich der Murmeltiertag begangen. Erwacht das Tier an diesem Tag und wirft einen Schatten, soll es sechs weitere Wochen winterlich bleiben. Ist jedoch wetterabhängig kein Schatten sichtbar, dann dürfe man sich auf einen baldigen Frühling freuen. Phil Connors soll zum vierten Mal in seiner Funktion als TV-Wetteransager an diesem Spektakel teilnehmen und darüber berichten. Doch diesmal wiederholt sich auf unerklärliche Weise ein und derselbe Tag immer wieder. Tag für Tag ist Murmeltiertag. Solange bis Phil sich selbst und sein bisheriges Leben komplett in Frage stellt, was eine grandiose Veränderung in seinem Denken, Fühlen und Handeln nach sich zieht. Es gab Zeiten in meinem Leben, da hatte auch ich den Eindruck, dass mich täglich das Murmeltier grüßt. Immer wieder gab es Situationen, wo ich mich nicht beachtet oder nicht wertgeschätzt fühlte, schmerzhafte Freundschaften und Beziehungen. Ich glaube solch ein Murmeltier schleicht durch das Leben Vieler. Sich wiederholende Konflikte mit anderen Menschen, Misserfolge, der gleiche ungeliebte Job, stets derselbe Kontostand oder vertraute Ängste und Sorgen … Aber die gute Nachricht ist: Wir können es genauso wie Phil Connors tun und unserem Film innerhalb weniger Wochen eine grandiose Wende geben! Mein Murmeltier erschien viele Jahre lang täglich, weil ich ständig den gleichen Gedanken vor mich hinmurmelte: Die anderen lehnen mich ab. Diesen Grundglaubenssatz hatte ich gleich zu Beginn meines Lebens „erfunden“ und mir im Verlaufe der Jahre immer wieder selbst bestätigt und gebetsmühlenartig wiederholt. Eine Gebetsmühle ist eine Walze bzw. ein Rad, welches eine Papierrolle enthält. Auf diese Papierrolle sind tibetische Gebete oder Mantras tausendfach wiederholt gedruckt. Diese Papierrolle hatte ich unermüdlich aufgerollt und neu beschriftet, bis sie dicker und dicker wurde. Und meine „Gebete“ wurden erhört. Mir begegneten tatsächlich immer wieder Menschen, die mich scheinbar ablehnten. Grundglaubenssätze – das sind Gedanken, die uns seit vielen Jahren, oft schon von Kindheit an, begleiten und inzwischen so fest wie Zement sind. Es sind schwere Gedanken. Sie sind machtvoll und können anstrengende Muster in deinem Leben bewirken. Aber zurück zur guten Nachricht: Die „Gebete“, die unermüdlich in die eine Richtung aufgerollt wurden, können ebenso in die andere Richtung wieder abgewickelt werden. Hierzu ist es als Erstes nötig, dass du dir deiner Grundglaubenssätze bewusst wirst. Solltest du sie noch nicht kennen, kannst du dir hier einen oder mehrere aussuchen. Denn du bist mit diesen Gedanken nicht allein. Es sind kollektive Gedanken, die schon Millionen Menschen vor dir dachten und ebenso viele Menschen gerade mit dir denken. Mit mir stimmt was nicht +++ Ich kann das nicht +++ Die anderen lehnen mich ab +++ Die anderen sind unzufrieden mit mir +++ Ich habe etwas falsch gemacht +++ Ich bin schuld +++ Ich gehöre nicht dazu +++ Ich bin nicht gut genug +++ Ich bin nicht liebenswert +++ Ich bin nicht wichtig +++ Ich bin allein +++ Ich muss es allein schaffen Hast du einen gefunden, der dir bekannt vorkommt? Wie können wir die Mühle nun rückwärts drehen? Indem wir ein und denselben Gedanken immer und immer wieder mit den Fragen von The Work untersuchen! Ich habe das mit einigen meiner Grundglaubenssätze in einer 28 Tage-Session gemacht, dabei eine wunderbare Wende eingeleitet und viel Erleichterung erfahren. Bei mir gab es z.B. diese beiden Mädchen, die mich hänselten als ich in die neue Schule kam. Sie sagten gemeine Sachen zu mir und lachten mich aus. Und da war die Kollegin, die nichts mit mir zu tun haben wollte. Die Nachbarin, die mich nicht oder scheinbar nur unwillig grüßte. Immer wieder Situationen, in denen ich mir ganz sicher war: Die anderen lehnen mich ab. Jeden Tag aufs Neue erforschte ich 28 Tage lang, in welcher Situation ich diesen Gedanken in meinem Leben glaubte und untersuchte ihn dann bezogen auf diese Situation mit den Fragen von The Work. Es ist wie eine Reise durch dein Leben, in der du Puzzle-Teil für Puzzle-Teil aufsammelst und untersuchst. Dabei rollst du die Papierrolle unermüdlich in die andere Richtung, bekommst einen anderen Blick auf dein Leben, auf dich und die Menschen um dich herum und kannst deine Muster auflösen. Inzwischen weiß ich: Ja, es gibt Menschen, die mich ablehnen. Aber das ist die Ausnahme. Mehr als 40 Jahre habe ich gebraucht, um diese Nuss zu knacken. Und dann war es so einfach. Seitdem begegnen mir immer mehr wertschätzende Menschen. Ich möchte dir auch die Möglichkeit geben, diese wunderbare Erfahrung zu machen und lade dich zu einer Session ein! Diese kann so lange gehen, wie du wählst. Vielleicht begleite ich dich nur am Anfang der Reise und du reist dann allein weiter? Vielleicht begleite ich dich auf der ganzen Reise, also 28 Tage? Mein Angebot: • Du buchst ein Paket von 5 Sitzungen à 25 Minuten • Wir treffen uns täglich oder alle zwei Tage per Zoom und untersuchen deinen Grundglaubenssatz 25 Minuten lang (immer bezogen auf eine neue Situation) • Du kannst so oft wie du magst verlängern. Ein 5er-Paket kostet 75,- €. • Am Ende der Reise erhältst du eine schriftliche Zusammenfassung deiner wichtigsten Erkenntnisse. Habe ich dein Interesse geweckt? Dann ruf mich gerne an oder schreib mir eine Nachricht: utenetzmann@posteo.de, 02602/9924290.
von Ute Netzmann 09 Mai, 2021
Sonntagsspaziergang mit der ganzen Familie. Damit es nicht zu langweilig wird, denkt der Vater sich ein paar Aufgaben aus. Jetzt wird balanciert. Mit zittrigen Beinen steht sie auf dem Baumstamm. Es ist ihr nicht möglich weiterzugehen. Es geht nicht darum, über eine Schlucht zu gelangen und das andere Ufer zu erreichen. Der Baumstamm liegt einfach mitten im Wald. Aber dennoch - ihre Beine scheinen sie nicht mehr zu tragen. Mädchen, mach dir nichts draus, hüpf vom Baumstamm runter und such kleine Käfer, beobachte Ameisen oder entdecke eine neue Pflanze für deinen kleinen Steingarten! Aber da fällt der entscheidende Satz. „Wer das nicht kann, der kann auch nicht Elefantendompteuse werden.“, sagt er. Bumm. Das kleine Mädchen, das Elefanten so sehr liebt, sackt in sich zusammen. Mit einem Schlag wird alles dunkel. Wer hat denn da das Licht ausgeknipst? „Mein Vater nimmt mir jegliche Hoffnung.“ Dieser Gedanke verdunkelt alles. Wenn er das so sagt, wird es wohl so sein, denkt sie. Er muss es wissen. Scham steigt auf und sie fühlt sich leer. Sie überlässt es ihm zu urteilen und gibt jegliche Macht und Selbstverantwortung ab. Sie schaut an sich herunter und sagt sich selbst, ich bin die, die nichts kann. Da ist kein „Na, das woll‘n wir doch mal sehen!“. Stattdessen gibt sie auf und spürt sich selbst nicht mehr. Jemandem die Hoffnung nehmen , geht das überhaupt? Kann ihr jemand die Hoffnung, die in ihr leuchtet, kribbelt und sich ausbreitet, einfach wegnehmen? Ja, das geht. Und zwar genau dann, wenn sie glaubt, was er sagt. Wenn sie seine Wahrheit zu ihrer Wahrheit macht. Wer nicht über einen Baumstamm balancieren kann, kann nicht Elefantendompteuse werden. Sie glaubt es und nimmt sich damit selbst jegliche Hoffnung. Zerhackt und zerschlägt ihre Träume selbst. Ja, sie toppt es sogar noch. Denn sie fällt dieses „Ich kann nichts und aus mir wird nichts“- Urteil. Glaubt ihr Vater denn tatsächlich, dass sie keine Elefantendompteuse werden kann? Vielleicht wollte er sie nur motivieren und aus der Reserve locken? Aber sie sieht sich selbst als klein, schwach und hilflos und ihr fällt überhaupt nichts Konstruktives mehr ein. Sie könnte es doch üben! Sie könnte zu ihm sagen: „Vielleicht hast du Recht, Papa. Aber ich möchte Elefantendompteuse werden. Bitte hilf mir zu balancieren!“ Er könnte sie an der Hand nehmen oder ihre Schwester oder eine Freundin könnten ihr helfen. „Okay, das trau ich mir grad‘ nicht. Aber ich könnte es üben.“ Ja, sie könnte jeden Tag üben. Aber auf die Idee kommt sie nicht. Sie bleibt stumm. Sie knipst das Licht aus. Halten wir den Film genau an der Stelle an, als der entscheidende Satz gefallen ist. Und nun verändern wir das Drehbuch ein wenig. Der Gedanke, dass ihr Vater ihr jegliche Hoffnung nimmt, taucht nicht auf. Diesen Gedanken kennt das Mädchen nicht. Wer wäre sie in der gleichen Situation ohne diesen Gedanken? Wie geht der Film weiter, wenn dieser Gedanke verschwunden ist? „Wer das nicht kann, der kann auch nicht Elefantendompteuse werden.“, sagt er. „Boah, das ist ganz schön harter Tabak, was er da sagt.“, denkt das Mädchen. Aber ihr Verstand ist glasklar. Sie ist hellwach und fragt sich: „Kann das stimmen? Wie will ich jetzt darauf reagieren? Was kann ich für eine Lösung finden?“ Ihr Körper richtet sich auf. Ihr Kampfgeist ist geweckt. „Ah, mein Vater sagt mir, dass man sportlich und mutig sein muss, um Elefantendompteuse zu werden. Ja, das will ich. Dann trainiere ich jetzt.“ „Ich habe Angst, aber ich schaffe das. Am Anfang brauche ich deine Hand, Papa.“ Ja, mit der Hand klappt das ganz gut. Sie läuft bis zum Ende des Baumstammes und ihre Augen strahlen. Und noch einmal! Das Mädchen sieht ihren Elefantendompteuse-Traum ganz klar vor sich. Der Traum ist so schön! Ihre Fantasie brennt mit ihr durch. In kindlicher Freude malt sie sich alles aus. Das setzt Lebenskraft und Energie frei. Sie ist voller Tatendrang und macht sich selbst Mut. Und ihr Vater? Der ist beeindruckt von der Stärke seiner kleinen Tochter. Er hat eine Aufgabe. Er kann seiner Tochter helfen und das erfüllt ihn mit Freude. Wie kann ihr jemand jegliche Hoffnung nehmen? Die Hoffnung ist in ihr. Die kann ihr niemand nehmen, außer sie selbst. Elefantendompteuse wird sie nicht. Das ist einer ihrer Kinderträume, welchem weitere Träume folgen. Sie wird eine Frau, die ihre Träume verfolgt und einen neuen Gedanken entdeckt, den sie im Verlaufe ihres Lebens immer mehr als wahr empfindet: „Du kannst alles werden, wenn du nur daran glaubst.“
von Ute Netzmann 31 Dez., 2020
Sie dachte, sie müsste das tun. Vielleicht dachte sie, sie müsste ihn in seiner Firma unterstützen oder am Wochenende mit ihm seine Mutter besuchen oder immer mit ihm schlafen, wenn er Lust dazu hatte. Ganz egal was es war. Auf jeden Fall dachte sie, sie müsse es. Wer hatte ihr gesagt, dass sie es tun müsse? Da war ein kleiner Gedanke, der im Hintergrund eine Dauerschleife drehte. „Wenn du das nicht tust, wird er enttäuscht von dir sein.“ Aber hinter diesem kleinen Gedanken lauerte tief versteckt ein noch schlimmerer Gedanke, der ihr sagte: „Wenn du das nicht tust, wird er dich nicht mehr lieben!“ Dieser Gedanke zeigte seine Wirkung. Er löste Angst vorm Verlassenwerden aus. Also richtete sie ihr Verhalten nach ihrem Partner aus, um weiter geliebt zu werden. Zunächst fiel ihr das leicht. Sie war über beide Ohren verliebt und es machte Freude, ihm Wünsche von den Lippen abzulesen und diese zu erfüllen. Dass sie dabei manchmal ihre eigenen Bedürfnisse nicht hinterfragte und außer Acht ließ, fiel ihr kaum auf. Sie spürte auch zunächst nicht die Anspannung und den Druck, den der mächtige Gedanke in ihr erzeugte. Mit der Zeit aber wurde sie unzufrieden. Auf die Idee, mit ihm darüber offen zu kommunizieren und ihm ihre Bedürfnisse mitzuteilen, kam sie jedoch nicht. „Er wird mich sonst nicht mehr lieben.“ Dieser Gedanke war so beängstigend, dass er selbst den kleinsten Gedanken an ein Gespräch zunichte machte. Ebenso unmöglich war es ihr in Erwägung zu ziehen, einmal nein zu sagen. Sie war nicht in der Lage, ihm ehrlich und auf Augenhöhe zu begegnen. Stattdessen heuchelte sie ihm etwas vor. Sie machte die Beziehung starr, zurrte sich selbst fest, engte sich selbst ein. Glaubte Leistung erbringen zu müssen, um nicht die Kündigung zu erhalten. Innerlich wurde sie allmählich wütend und machte ihn für den Druck und die Anspannung, die sie nun deutlich spürte, verantwortlich . Es schwelte in ihr und im Laufe der Jahre brachte sie ihre Wut von subtil bis sehr deutlich zum Ausdruck. Hatte er ihr jemals gesagt, dass sie es tun müsse? Hatte er ihr gesagt, dass er sie sonst nicht mehr lieben würde? Nein. Da waren nur dieser Gedanke und diese Angst. Sie unterstellte ihm, dass er sie nicht bedingungslos lieben würde. Sie fragte ihn nie, ob er es tatsächlich von ihr erwartete. Dieses Gesetz hatte sie einfach selbst gemacht und sich selbst auferlegt. Mit der Zeit entfernte sie sich mehr und mehr von ihm und erkannte nicht, dass ihr eigenes Verhalten nichts mit Liebe zu tun hatte. Denn Liebe kann man nicht erkaufen. Und es hatte nichts mit Liebe zu tun, weil sie ihm nicht vertraute und weil sie ihm unterstellte, dass er kein Verständnis für ihre Bedürfnisse haben würde. Außerdem hatte sie kein Verständnis für sich selbst. Es fehlte ihr an Selbstliebe. Aufgrund der fehlenden Kommunikation nahm sie ihm und sich die Möglichkeit des gemeinsamen Reifens und Wachsen. Sie zahlte den Preis, dass sie sich nicht wirklich kennenlernten und nicht wirklich nahekommen konnten. Im Grunde genommen verhinderte sie damit wahre Liebe. Je mehr sie sich verbog, desto weniger liebte sie sich selbst. Und desto weniger konnte ihr Partner sie wirklich kennenlernen und sehen, wer sie tatsächlich war. Stattdessen sah er nur die Rolle, die sie spielte. Er sah eine Frau, die sich angespannt selbst zu etwas zwang, schlechte Laune davon bekam und unzufrieden war. All das wirkte sich auf ihre Beziehung aus. All das machte sie letzten Endes in seinen Augen tatsächlich weniger liebenswert. Ihr Angstgedanke erfüllte sich. Aber nicht, weil sie etwas, das er erwartete, nicht tat. Sondern weil sie das, von dem sie glaubte, dass er es erwartete, widerwillig tat. Hätte sie sich authentisch gezeigt, hätte er sie vielleicht in ihrer Offenheit, Ehrlichkeit, Verletzlichkeit und Unvollkommenheit lieben können. Er hätte eine lebensbejahende, lebensfrohe, sich selbst liebende Frau erlebt. Es hätte eine lebendige und befreite Beziehung entstehen können. Und wenn er tatsächlich Erwartungen an sie gehabt hätte und sie tatsächlich nicht bedingungslos geliebt hätte, dann wäre das erst recht ein Grund gewesen nein zu sagen. Denn dann wäre ihr größter Angstgedanke sowieso schon wahr gewesen und sie hätte nichts mehr zu verlieren gehabt. Ob sie nun seine Erwartungen erfüllt hätte oder nicht, er hätte sie in jedem Fall nicht wirklich geliebt. Auch das konnte sie nicht sehen. Gehen wir aber einmal davon aus, dass er sie liebte und dass sie es vor allem war, die meinte bestimmte Dinge tun zu müssen, um geliebt zu werden. Vielleicht war sie sogar die Einzige die diese Erwartung an sich selbst hatte. Ja, sie selbst war es, die glaubte, sie müsse so und so sein. Sie selbst hatte die Messlatte so hochgesteckt. Und sie selbst hatte sich erzählt, dass sie nicht liebenswert sei, wenn sie nicht dies oder das täte. Zu all dem kam tragischer Weise, dass ihn ähnliche Gedanken quälten wie sie. Auch er glaubte, bestimmte Dinge tun zu müssen, scheute den offenen Dialog und gab ihr im Stillen die Schuld. Bis die Liebe zerbrach. „Er wird mich sonst nicht mehr lieben.“ Ein einziger Gedanke mit einer großen Wirkung. Wie anders hätten ihr Leben und ihre Beziehung ohne den Gedanken verlaufen können? Einmal einatmen und wieder ausatmen. Stille. Ruhe. „Er wird mich sonst nicht mehr lieben.“ Wer wäre sie ohne diesen Gedanken gewesen? Ohne den Gedanken, hätte sie zunächst einmal für sich klären können, ob sie die Dinge gerne und aus freien Stücken tun möchte. Da wäre klar gewesen – ah, ich kann hier eine Entscheidung treffen und dafür ist es gut, in mich hinein zu spüren. Was will ich und was will ich nicht? Sie hätte sich also zunächst selbst besser kennengelernt. Vermutlich hätte sie es dann manchmal freiwillig und mit Freude getan. Ja, denn wenn sie nur an ihre eigenen Bedürfnisse gedacht hätte, hätte sie sich selbst auch nicht lieben können. Es wäre ihr ein Bedürfnis gewesen, etwas zu seinem Wohl beizutragen. Aber nicht immer. Manchmal hatte sie auch nein gesagt. Sie wäre liebevoller mit sich selbst umgegangen und hätte für sich selbst gut gesorgt. Vor allem aber hätte sie mit ihm darüber reden können und ihm ihre Bedürfnisse und Beweggründe mitgeteilt. Sie hätte ihm nicht gegrollt. Hätte ihm keine Schuld gegeben, sondern Verantwortung für ihre eigenen Entscheidungen übernommen. Das hätte sich nach Freiheit und echtem Leben angefühlt. Ein entspanntes und zufriedenes Miteinander. Eine Art von Beziehung, die ich allen Menschen von Herzen wünsche.
von Ute Netzmann 11 Okt., 2020
Sie hatte die schönste Rolle vorwärts gemacht, die sie konnte. Aber sie haben sie nicht ausgewählt. So gerne hätte sie zu Hause erzählt, dass sie ausgewählt wurde. Aber das, was sie war und konnte, reichte scheinbar nicht aus, um gut zu sein. Etwas lastete schwer auf ihrer Brust. Inzwischen ist dieses Mädchen längst eine Frau. Lasst uns mal die Zeit zurückdrehen: Reisen wir mehr als 40 Jahre zurück und stellen dem Mädchen ein paar Fragen. Hey, was ist passiert? Sie sind nicht zufrieden mit mir. Ich hab‘ es nicht geschafft. Ich bin nicht gut genug. Das Mädchen schaut auf den Boden und weint. Wer ist nicht zufrieden mit dir? Diese Leute im Sportunterricht. Wir sollten vorturnen. Sie haben sportliche Kinder ausgesucht. Die Leute sind nicht zufrieden mit dir? Stimmt das? Ist das wahr? Ja, sie haben mich nicht ausgewählt. Kannst du mit absoluter Sicherheit wissen, dass es wahr ist , dass sie nicht zufrieden mit dir sind ? Pause… Oh, also gesagt haben sie das nicht …. Pause…. Nein. Wie reagierst du, was passiert , wenn du glaubst, dass sie nicht zufrieden mit dir sind ? Dann bin ich todtraurig. Ich wollte so gerne, dass meine Eltern stolz auf mich sind. Ich glaube, ich muss etwas erreichen, etwas erfüllen, um gut zu sein. Aber ich habe es nicht geschafft. Ich fühle mich unsichtbar. Als ob die anderen mich nicht sehen. Und ich ärgere mich über mich selbst. Ich bin mit mir selbst nicht zufrieden. Wie fühlt sich das in deinem Körper an , wenn du glaubst, dass sie nicht zufrieden mit dir sind ? In mir fällt alles zusammen. Mein Herz krampft sich zusammen. Es wird ganz klein wie eine Erbse. Wie behandelst du die anderen Leute , wenn du glaubst, dass sie nicht zufrieden mit dir sind ? Ich glaube, sie sind diejenigen die über mich bestimmen können. Ich behandele sie so, als wenn sie diejenigen sind, die entscheiden können, ob ich gut bin oder nicht und ob ich einen Wert habe oder nicht. Wie gehst du mit dir selbst um , wenn du glaubst, dass sie nicht zufrieden mit dir sind ? Als wenn ich nicht da wäre. Ich rede gar nicht mit mir. Ich denke gar nicht darüber nach, was ich denn eigentlich glaube, wer ich bin. Das ist, als wenn ich mich selbst überhaupt nicht kenne. Was kannst du nicht sehen , wenn du glaubst, dass sie nicht zufrieden mit dir sind ? Schließ einmal die Augen. Wenn es jetzt in dieser Situation etwas gibt, was du nicht sehen kannst, was könnte das sein? Das Mädchen schließt die Augen und reißt sie weit auf. Oh, ich kann nicht sehen, dass niemand zu mir gesagt hat, dass er nicht zufrieden mit mir ist. Sie haben nur die allerbesten ausgesucht. Zu den allerbesten gehöre ich nicht. Aber das heißt ja nicht, dass sie nicht zufrieden mit mir sind. Und ich kann nicht sehen, dass außer mir ja auch ganz viele andere Kinder nicht ausgewählt wurden. Das Mädchen lacht laut auf. Es ist ja nicht so, dass sie die ganze Klasse ausgewählt haben und nur mich nicht. Da habe ich noch gar nicht dran gedacht. Oh, und ich kann gar nicht sehen, dass es nicht schlimm ist, wenn ich in Sport nicht so gut bin. Vielleicht gibt es andere Sachen, die ich gut kann. Hmm …. ich habe mich auch noch nicht gefragt, was ich denn wirklich machen möchte…Pause…Eigentlich möchte ich gar keinen Leistungssport machen. Ja, ich will viel lieber basteln oder singen oder mich um kleine Pflanzen oder Tiere kümmern. Ich glaube immer irgendetwas leisten zu müssen. Ich komme gar nicht auf die Idee, einfach nur die Dinge zu machen, die mir Freude machen. Und ich kann nicht sehen, dass ich mir selbst noch nie die Frage gestellt habe, ob ich eigentlich zufrieden mit mir bin. Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Wozu bist du nicht in der Lage , wenn du glaubst, dass sie nicht zufrieden mit dir sind ? Das Mädchen kichert. Ich bin nicht in der Lage zu sagen „Scheiße Mann, Rolle vorwärts habe ich noch nie gerne gemacht. Ist doch egal! Sollen das doch andere machen!“ Ich bin nicht in der Lage, mich selbst toll zu finden. Wer wärst du jetzt hier ohne diesen Gedanken , dass sie nicht zufrieden mit dir sind ? Stell dir vor, die Situation ist genauso wie sie ist. Sie haben dich nicht ausgewählt. Und der Gedanke, dass sie mit dir nicht zufrieden sind, den kannst du gar nicht glauben. Wer wärst du dann? Das Mädchen lächelt. Dann könnte ich mich für die anderen Kinder freuen, dass sie es geschafft haben. Und ich könnte sehen, dass niemand etwas von mir erwartet hat, außer ich selbst. Die Leute nicht, meine Sportlehrerin nicht, meine Eltern nicht…. Auch die anderen Kinder haben nicht gesagt: „Haha, du hast es ja nicht geschafft.“ Ich könnte sehen, dass die Leute total zufrieden sind, weil sie zwei/drei besonders sportliche Kinder gefunden haben und damit ist es gut. Sie hatten gar kein Problem mit mir. Oh, ich wäre sehr erleichtert. Ich hätte wieder Energie und Freude. Lass uns einmal schauen, wie man den Gedanken umdrehen kann. „Die Leute sind nicht zufrieden mit mir.“ Drehen wir es mal um zu „ Ich bin nicht zufrieden mit mir.“ Wie kann es wahr sein , dass du in dieser Situation nicht zufrieden mit dir bist ? Kannst du dafür ein Beispiel finden? Ja, das ist wahr. Ich bin die Einzige, die etwas von mir erwartet. Ich erwarte von mir selbst, ganz sportlich zu sein. Das stimmt. Sie sind gar nicht unzufrieden mit mir, weil ich nicht sportlich genug bin. Nur ich bin unzufrieden mit mir. Kennst du das auch aus anderen Situationen , dass du nicht zufrieden mit dir bist ? Ja, das ist oft so. Ich glaube immer, ich muss besser sein. „Du bist unzufrieden mit den Leuten.“ Wie kann auch diese Umkehrung wahr sein? Kannst du dafür ein Beispiel finden? J a, ich habe mir von ihnen gewünscht, dass sie mich auswählen. Und dann war ich nicht zufrieden mit ihnen und ihrer Entscheidung. Ich konnte nicht sehen, dass sie es richtig gemacht haben, dass sie die Richtigen ausgewählt haben, weil ich ja gar keine Leistungssportlerin bin. Vor 40 Jahren hat dem Mädchen niemand diese Fragen gestellt. Erst viele Jahre später, als sie längst eine Frau war, erkannte sie, dass alles, was sie über sich denken konnte, immer nur von außen kam. Nichts kam aus ihr selbst heraus. Sie hatte sich immer danach bemessen, was andere Menschen scheinbar über sie dachten. Danach richtete sich ihr Gefühlszustand aus. Davon war sie abhängig. Erst Jahre später erkannte sie, dass die entscheidende Frage ist, ob sie selbst mit sich zufrieden ist und dass das der Schlüssel zum Glück ist.
von Ute Netzmann 09 Sept., 2020
Warum sieht der andere nicht, dass er auf dem Holzweg ist? Ich will, dass er sieht, dass ich Recht habe. Da steht er mir gegenüber und ich kann es einfach nicht glauben, dass er so anders denkt als ich. Seine Sichtweise regt mich echt auf. Solch eine Situation hat wohl jeder schon einmal erlebt. In den letzten Monaten jedoch betrifft dieser Konflikt viele Menschen und bringt sie im Miteinander an ihre Grenzen. Grundüberzeugungen prallen aufeinander und lösen starke Emotionen aus. Corona - ein gefährliches Virus? Oder vergleichbar mit einer mittelschweren Grippe und völlig überzogene, unsinnige Maßnahmen? Warum kann der andere nicht das sehen, was ich sehe? Ich will, dass er sieht, dass er auf dem Holzweg ist! Ich bin absolut überzeugt davon, dass ich die Sache richtig einschätze. Fühle mich durch seine Sichtweise angegriffen, provoziert und bin beleidigt. Fühle mich getrennt von ihm. Will unbedingt klarstellen, dass er sich da irrt. Ich halte mich für schlauer und … ups… ihn für dümmer als mich. Aber ich kann nicht anders. Ich kann mir das einfach nicht anhören. Kann kein Verständnis oder Mitgefühl für ihn aufbringen. Jetzt sofort soll er erkennen, was ich erkannt habe. Ich suche den schnellsten Weg, um ihn zu überzeugen. Sehe meine heile Welt und meine Ordnung gefährdet. Am liebsten würde ich den Ausschaltknopf drücken oder den Hebel finden, mit dem ich schlagartig seine Denkweise ändern kann. Ich höre ihm nicht zu, falle ihm ins Wort, schleudere ihm meine Argumente entgegen und realisiere nicht, dass uns das keinen Schritt weiterbringt. Eine Annährung ist hier in diesem Moment offensichtlich nicht möglich. Nicht mit einem kurzen und auch nicht mit einem nicht enden wollendem Schlagabtausch. Also stopp, innehalten, tief Luft holen, still werden…. Es tut weh. Ja, jetzt kann ich die Trauer spüren, die hinter der Wut steht. Aus der Wut heraus knallen wir uns Dinge vor den Latz. Die Wut ruft laut „Ich will, dass er sieht, dass er auf dem Holzweg ist!“. Die Trauer sagt leise: „Ich wünsche mir Verständnis und Nähe.“ Wenn ich in mich hineinspüre merke ich, dass ich gar nicht auf diese Art und Weise mit ihm reden will. Es fühlt sich nicht gut an, wenn ich ihm seine Sichtweise auf die Dinge nicht zugestehe. Vermutlich geht es ihm dann genau so wie mir. Denn damit greife ich ihn ebenso an, provoziere und beleidige ihn. Wie will ich ihn für meine Sichtweise gewinnen, wenn ich ihn nicht ernst nehme, für dümmer als mich halte und damit eine gewisse Art von Arroganz an den Tag lege? Wie will ich bei ihm Punkte machen, wenn ich ihm nicht wirklich zuhöre, ihm das Wort abschneide und keine Empathie für ihn aufbringen kann? In meiner Wut kann ich nicht erkennen, dass meine Art und Weise das Thema anzugehen nicht förderlich ist. Okay, also nicht er sollte sehen, dass er da auf dem Holzweg ist, sondern ich sollte sehen , dass ich mit dem Holzhammer unterwegs bin und dass das nicht hilfreich ist. Wenn ich ganz still werde, dann sehe ich ein kleines Licht in der Ferne. Vielleicht ist das, was hier stattfindet, eine große Chance einander wirklich nahe zu kommen? Wenn wir uns gegenseitig den Raum lassen, unsere Zweifel, Ängste und Sorgen mitzuteilen . Wenn wir uns die Zeit nehmen und einander wirklich zuhören . Wenn ich nun den Gedanken, dass er erkennen sollte, dass er da auf dem Holzweg ist, einfach mal bei Seite lasse… wenn ich still werde… und den anderen ohne diesen Gedanken anschaue? Wenn dieser Gedanke für einen Moment Pause hat? Wer wäre ich ohne den Gedanken? Dann könnte ich stehen lassen, was er sagt. Ich könnte vielleicht sogar neugierig sein, wie er zu seiner Sichtweise kommt. Ich würde es wirklich wissen wollen und nicht mehr nur wegwischen wollen. Dann bleibe ich nicht fanatisch an meiner Position hängen, sondern bleibe offen für andere Stimmen. Dann könnte ich ihn wirklich sehen und vielleicht sogar erkennen, dass ich mit meinen Urteilen über ihn ein Stück weit auf dem Holzweg war. Das fühlt sich weit an. Ich kann durchatmen. Es ist dann weniger emotional, mehr sachlich. Vermutlich kann ich dann auch freundlicher rüberbringen, was mich bewegt. Kann mit ihm reden, ohne sofort ein Ergebnis haben zu müssen. Ja, ich kann sehen, dass jetzt sowieso nicht der Zeitpunkt ist, etwas abschließend zu klären. Das gibt mir die Gelegenheit bei mir zu bleiben. Das gibt mir die Zeit, in Ruhe zu fühlen und zu prüfen, wie ich zu meiner Sichtweise komme. Fühlt sich mein Weg für mich richtig an? Fühle ich mich damit von Herzen wohl? Wenn ich hier ein klares Ja finde, habe ich den Frieden in mir gefunden und brauche nicht unbedingt die Bestätigung vom anderen. Dann sehe ich seine Sichtweise nicht mehr als Bedrohung. Spüre ich jedoch in mir selbst Zweifel und Ungereimtheiten, dann kann ich ihm dankbar dafür sein, dass er mir genau das zeigt. Dann gibt es mir die Gelegenheit, mich selbst neu zu sortieren und ausrichten. Möglicherweise bin ich ja auch auf dem Holzweg, weil die Sache hier gerade so komplex ist, so dass niemand alle Fakten auf dem Tisch hat und genau weiß, was wahr ist und was nicht. Das im Hinterkopf zu behalten ist gut, weil es mich demütiger macht. E s bringt mich in die Lage, von diesem „Ich weiß es aber - Standpunkt“ runter zu kommen. Ich will nicht , dass er sieht, dass er auf dem Holzweg ist. Jedenfalls will ich es nicht in dem Sinne, dass ich über ihn rüber walze und ihn jetzt sofort dazu bringen will, es anders zu sehen. Sondern ich will, dass ich mit ihm wirklich in Kontakt komme. Meine und seine Sichtweise gleichberechtigt und achtungsvoll nebeneinander stehen lassen und dann einfach darüber reden. Natürlich könnte es bequem sein und schön, wenn er es einfach so sehen würde wie ich. Aber ich will, dass wir es gemeinsam schaffen, uns anzunähern und einander zu verstehen, weil daraus etwas Großartiges entstehen kann. Kurz nachdem ich das Rohmaterial für diesen Blogbeitrag fertig habe, höre ich wie Jens Lehmann, ein Psychotherapeut, sagt: „Aus meiner Sicht befindet sich Deutschland gerade schlicht und einfach in Therapie.“. Ich muss schmunzeln. Er sagt weiterhin sinngemäß, wenn die Bedürfnisse der Menschen unerfüllt sind und sie dadurch in einen Konflikt geraten, entwickeln sie, oft schon im Kindesalter, drei bekannte Abwehrmechanismen: Angriff („Wie kannst du nur so einen Blödsinn glauben!“) Flucht („Mit dem rede ich nicht mehr darüber. Da geh ich nicht mehr hin.“) oder Erstarren (gelähmt sein, stumm bleiben). „Wenn wir es jedoch schaffen, friedlich zu bleiben, nicht auf die Spaltung reinfallen und in Kontakt gehen , dann kann die Therapie erfolgreich verlaufen.“ Vielen Dank, Herr Lehmann, für dieses schöne Schlusswort. Ja, möglicherweise ist dies eines der wichtigsten Dinge, die wir in dieser Situation lernen dürfen. Miteinander in Kontakt gehen, dem anderen zuhören, ohne zu ver– und beurteilen. Im Kleinen (der Zweierbeziehung) wie im Großen (der ganzen Gesellschaft).
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